Samstag, 11. September 2010

"Forum am Freitag" erklärt uns den Dschihad

Das islamische "Forum am Freitag" (ZDF) erklärt uns in seiner neuesten Ausgabe vom 10. September den "Heiligen Krieg". - Keine Sorge, Abdul-Ahmad Rashid hat keine fatwa erlasssen, sondern plaudert mit dem Islamwissenschaftler Prof. Bülent Ucar über den Begriff des Dschihad an sich. Dieser ist selbst gläubiger Muslim, was sich vor allem darin ausdrückt, dass er sich innerlich gegen die Erkenntnis sträubt, dass die militärische Komponente des Dschihad eben auf Mohammed selbst zurück geht und nicht erst auf dessen Nachfolger. So seien die Dschihad-Eroberungen des Islam den christlichen Kreuzzügen gegenüber zu stellen - wobei Ucar aussen vor lässt, dass die Christen erst rund elf Jahrhunderte nach dem Tod ihres Religionsstifters Kreuzzüge veranstalteten, es sich bei diesen um räumlich und zeitlich begrenzte Unternehmungen handelte und in der ganzen Bibel kein dem Dschihad vergleichbares Konzept zu finden ist, während die muslimischen Araber nur 100 Jahre nach Mohammeds Tod bereits mitten in Frankreich standen und erst das Hilfegesuch des byzantinischen Kaisers Alexios Komnenos an Papst Urban II. gegen die muslimischen Seldschuken im 11. Jahrhundert zum Auslöser der Kreuzzüge wurde.
Trotzdem hätte ich die Sendung wohl kommentarlos abgehakt, denn schließlich sind darin durchaus kritische Ansätze vorhanden, wenngleich auch keiner davon zu erklären vermag, weshalb der militärische, oder besser, gewaltsame Dschihad in unserer Gegenwart wieder zum globalen Phänomen werden konnte.  Ein Detail erweckte jedoch meine Aufmerksamkeit. Im Film wird ein Tierarzt Dr. Ali Hassan vorgestellt, der eine Definition von Dschihad gibt, in welcher es ab Minute 4:10 heißt: "...auf dem geraden Weg zu bleiben, das ist, den verbündeten Muslimen und den verbündeten Nichtmuslimen zu helfen." Der "gerade Weg" ist aber eine gängige Metapher für die Scharia, das gottgegebene islamische Rechtssystem. Und darum habe ich für das Forum des "Forum am Freitag" folgenden bislang nicht freigegebenen Beitrag verfasst:
Leider wird der volle Umfang des Dschihad-Begriffs durch die Erklärungen des Prof. Ucar nicht ausgeschöpft. Auf die Motivation der Gotteskrieger, die zwischen Marokko und Malaysia, Tschetschenien und Jemen "auf dem Pfad Allahs ausschreiten" (Wortbedeutung Dschihad), um "den Islam" vor respektlosen Nichtmuslimen zu "verteidigen", wird mit nahezu keinem Wort eingegangen. Dieses Deutungsspektrum klingt schon in der Schilderung des im Film vorgestellten aufgeklärten Muslims Dr. Ali Hassan an: "Der Dschihad dient (...) der Unterstützung von verbündeten Muslimen und verbündeten Nichtmuslimen..." (ab ca. 4:10 im Video).
Der Dschihad der militanten Gotteskrieger beruft sich auf die im Koran festgeschriebenen Maßnahmen, die Mohammed ergriff, um die Herrschaft des Islam zu sichern und dessen Geltungsbereich zu erweitern, insbesondere Sure 8 und 9. In Sure 8 heißt es:
"Und diejenigen, die geglaubt haben und ausgewandert sind und für Allahs Sache gekämpft haben, und jene, die (ihnen) Herberge und Hilfe gaben - diese sind in der Tat wahre Gläubige. Ihnen wird Vergebung und eine ehrenvolle Versorgung zuteil sein." (74)
"Und die, welche hernach glauben und auswandern und (für Allahs Sache) an eurer Seite kämpfen werden - sie gehören zu euch; und (unter) Blutsverwandten stehen sich im Buche Allahs die einen näher als die anderen. Wahrlich, Allah weiß wohl alle Dinge." (75)
Und in Sure 9:
"Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Allah und an den Jüngsten Tag glauben, und die das nicht für verboten erklären, was Allah und Sein Gesandter für verboten erklärt haben, und die nicht dem wahren Glauben folgen - von denen, die die Schrift erhalten haben, bis sie eigenhändig den Tribut in voller Unterwerfung entrichten." (29)
"Allah ist es, Der Seinen Gesandten mit der Führung und der wahren Religion geschickt hat, auf daß Er sie über alle (anderen) Religionen siegen lasse; mag es den Götzendienern auch zuwider sein." (33)
Reformerische islamische Gemeinschaften wie die Ahmadiyya lehnen die militärisch-gewaltförmige Variante des Dschihad strikt ab. Orthodoxe islamische Schulen werfen den Ahmadis darum vor, sie führten überhaupt keinen Dschihad. Die Ahmadiyya versucht jedoch die Geltung der Scharia, des gottgegebenen islamischen Rechts und den "geraden Weg" (vgl. Dr. Ali Hassan im Film), durch eine "spirituelle Revolution" herzustellen.
In der vom Islamischen Zentrum München (IZM) herausgegebenen Schrift "Die Erziehung unserer Kinder" spielt Fatima Grimm auf ein in der Sammlung von Muslim überliefertes Hadith über die Arten des Dschihad an wenn sie schreibt: "Denn kämpfen für Gottes Sache lässt sich zwar vor allem mit dem Schwert; wo dies jedoch nicht möglich oder notwendig ist, auch mit der Feder, dem Spaten, dem Skalpell oder meinetwegen sogar mit der Nähnadel oder dem Kochlöffel.
Der Dschihad ist ein Verteidigungskampf gegen alle Kräfte, die den Islam anzugreifen versuchen. Wenn wir mit wachem, offenem Blick die Weltlage betrachten, so finden wir, dass dieser Angriff von allen nur erdenklichen Seiten mit allen nur möglichen Mitteln ohne Unterlass geführt wird." (Zitatende)
Knapper lässt sich die Weltanschauung militanter Dschihadisten kaum zusammenfassen.
Bis heute führt der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) Fatima Grimm als Ehrenmitglied. Eine Distanzierung von Grimms Aussagen ist nie erfolgt.
Die ersten islamischen Kriege wurde nicht von Mohammeds Nachfolgern, sondern nachweislich von diesem selbst geplant und durchgeführt. Aus diesem Grund ist die Selbstidentifikation der heutigen Gotteskrieger mit dem Prophetenvorbild ungebrochen.Noch zu dessen Lebzeiten brachten die Anhänger Mohammeds nahezu die gesamte arabische Halbinsel unter ihre Kontrolle.
Insgesamt wünschte ich mir eine kritischere Auseinandersetzung mit dem Dschihad-Begriff im Rahmen des "Forums am Freitag".
Link: "Forum am Freitag" über Dschihad in der ZDF-Mediathek
Link: Offizielles ZDF-Forum des "Forums am Freitag"


2 Kommentare:

  1. Korrektur:
    11 Jahrhunderte nach Mohammed die ersten Kreuzzüge? Das wäre ja um 1700.

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  2. Ok, alles retour. Es war Jesus gemeint...

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